Arbeitsmethoden

Streifnetzfang
© K. Venne
Glasröhrchen zur Betrachtung von gefangenen Exemplaren
© W. Venne
Präparierte Sandbiene
© Ch. Venne
Binokular
© Ch. Venne
Etikettiertes Sammlungspräparat
© Ch. Venne
Sammeln

Für eine zufrieden stellende Bearbeitung artenreicher Insektengruppen (Schmetterlinge, Käfer, Fliegen, Stechimmen u.a.) ist Sammeln als wissenschaftliche Methode Grundvoraussetzung. Das heißt: Tiere werden gefangen, abgetötet, präpariert, bestimmt und dauerhaft aufbewahrt.

Warum müssen Tiere abgetötet werden?

Eine große Anzahl von Stechimmen-Arten ist aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu anderen (häufig nahverwandten) Arten im Gelände auch mit langjähriger Erfahrung nicht zweifelsfrei zu bestimmen. Häufig unterscheiden sich ähnliche Arten lediglich durch mit bloßem Auge oder der Handlupe nicht zu erkennende Merkmale voneinander (z.B. Oberflächenstrukturen oder Länge der Fühlerglieder in Relation zu einander). Hier kann nur die Betrachtung unter einem Binokular oder bei sehr kleinen Vertretern unter dem Mikroskop Abhilfe schaffen. Da die Tiere dazu fixiert werden müssen, ist ein Abtöten einzelner Exemplare unumgänglich. (Wichtig!: Das Fangen und Abtöten von Insekten zu wissenschaftlichen Zwecken erfordert eine Ausnahmegenehmigung, die bei den entsprechenden Landkreisen bzw. kreisfreien Städten zu beantragen ist). Würde man darauf verzichten, Tiere zur Bestimmung abzutöten, so könnte man zu einem überwiegenden Teil der Arten keine gesicherten Aussagen zur Biologie, Verbreitung und Gefährdung machen. Man wüsste nicht, welche Arten durch menschliche Eingriffe gefährdet sind bzw. welche Hilfs- und Schutzmaßnahmen welchen Arten helfen können. Somit ist das Abtöten von Exemplaren paradoxerweise vielfach Grundvoraussetzung für einen funktionierenden Schutz der Art.

Durch einen verantwortungsvollen Umgang und geeignete Fangmethoden kann man den vom Sammeln ausgehenden Effekt dabei soweit minimieren, dass er mit Sicherheit keine Auswirkung auf den Fortbestand der Population hat.

Fangmethoden

Die am häufigsten angewandte und sicherlich auch schonendeste Fangmethode ist der selektive Sichtfang. Dazu werden für Stechimmen attraktive Strukturen wie potenzielle Nahrungspflanzen, mit Honigtau benetzte Gehölze und Nistsubstrate (vor allem offene Bodenstellen, Totholz und Brombeergebüsche) aufgesucht und die beobachteten Tiere mit dem Insektennetz gefangen. Nach der Überführung in ein kleines Glasröhrchen sind die Tiere in lebendem Zustand ausgiebig zu betrachten. Im Gelände eindeutig bestimmbare Arten können anschließend wieder vor Ort in die Freiheit entlassen werden. Von Arten, bei denen dies nicht möglich ist, müssen Exemplare zur Determination unter dem Binokular entnommen werden.

Zur Verbesserung des Erfassungsgrades kann der selektive Sichtfang auch mit anderen Methoden kombiniert werden. Dazu bieten sich besonders das Streifen und die Auszucht an. Beim Streifen wird vorhandene Vegetation in raschen Schritten abgegangen und dabei mit schnellen Kescherschlägen abgestreift. Dabei werden auch sehr kleine Arten (z.B. Zikadenwespen oder Plattwespen) gefangen, die über den Sichtfang häufig nur schwer zu erfassen sind. Voraussetzung dafür ist jedoch ein entsprechend feinmaschiges Insektennetz. Da die besonders kleinen Arten oftmals nicht schnell genug aus dem Strom der das Insektennetz nach dem Streifen verlassenden Fänglinge (Fliegen, Wanzen, Zikaden, Hautflügler, Spinnen, usw.) heraus zu selektieren sind, empfiehlt sich hier der Einsatz eines Exhaustors, mit dem sich die Exemplare schnell in ein Gefäß einsaugen lassen. Zur Auszucht können Materialien, in denen möglicherweise Brutzellen von Stechimmen vorhanden sind (Totholz, Pflanzenstängel, Pflanzengallen, Schneckenhäuser) im Winter eingetragen werden, um daraus die in der nächsten Vegetationsperiode schlüpfenden Stechimmen zu erhalten. Dazu sollten die Materialien unter Freilandbedingungen (Temperatur, Luftfeuchte) in geeigneten Fangbehältern (z.B. aus Gaze) aufbewahrt werden. Lebend zu bestimmende Arten und Spezies aus anderen Tiergruppen können am Entnahmeort wieder frei gesetzt werden.

Neben dem selektiven Sichtfang mit dem Insektennetz können auch verschiedene Fallentypen zum Einsatz kommen (Gelbschalen, Malaise-Fallen, Barber-Fallen). Fallen können den Erfassungsgrad bezüglich verschiedener Arten bzw. Artengruppen ebenfalls steigern (s. z.B. KUHLMANN 1994 oder SCHMID-EGGER 1994), sollten aufgrund der z.T. extremen Fängigkeit und der großen Anzahl an häufig ungewollten Beifängen zur Stechimmenerfassung nicht unbedingt das Mittel der Wahl sein.

Abtöten

Die ausgewählten Exemplare können im Gelände schnell und effektiv in im Insektenhandel erhältlichen Gläsern mit Zyankali abgetötet werden. Dieses Gift ist im Umgang jedoch nicht ungefährlich und muss sicher aufbewahrt werden. Häufiger wird Essigäther verwendet, der jedoch gut dosiert werden muss. Größere Tiere benötigen eine höhere Dosis, was die Gefahr birgt, dass Tiere nicht vollständig abgetötet werden bzw. durch die höhere Dosis Feuchtigkeit entsteht, welche die für die Bestimmung z.T. bedeutsame Behaarung verkleben lässt. Werde die Tiere nach dem Fang bis zum Transport nach Hause gut temperiert und möglichst stressfrei gelagert, kann ein Abtöten mit der Mikrowelle eine brauchbare Alternative sein. Hier werden die Tiere innerhalb kürzester Zeit sicher abgetötet und bleiben dabei trocken.

Präparation

Die Tiere werden zuerst im Bruststück genadelt. Dabei sollte die Nadelstärke der Körpergröße angepasst werden. Die Nadel wird im 90°-Winkel zur Körperachse gesteckt. Da an der Nadel unter dem Tier noch Fundort- und Bestimmungsetikett befestigt werden müssen, sollte das Verhältnis der Nadellänge oberhalb des Tieres zu unterhalb etwa 1/3 zu 2/3 betragen. Bei sehr kleinen Tieren sollten Minutien-Nadeln verwendet werden. Bei Männchen aus Gattungen, bei denen die Form des Genitals als Bestimmungsmerkmal benötigt wird (z.B. Andrena, Lasioglossum, Sphecodes), muß nun mit einer an der Spitze umgebogenen Nadel eben dieses aus der Hinterleibsspitze heraus gezogen werden. Das so präparierte Tier wird auf einen Styropor-Block gesteckt. Nun werden Flügel und Beine mit Nadeln so ausgerichtet, dass die notwendigen Bestimmungsmerkmale gut sichtbar sind. Bei einigen Arten ist es sinnvoll eine Mandibel bzw. das Labrum abzuspreizen. In dieser Haltung werden die Tiere einige Tage getrocknet und anschließend noch mit einem Fundort-Etikett (Ort, Fundort, Sammeldatum, Sammler) versehen.

Bestimmung

Zur Bestimmung sollte die aktuelle Bestimmungsliteratur herangezogen werden. Sie besteht aus einer Sammlung verschiedener Arbeiten, in denen die Teilgruppen in Form von (i.d.R. dichotomen) Bestimmungsschlüsseln abgehandelt werden. Zur Betrachtung der Merkmale ist ein Binokular mit einer 60-80fachen Vergrößerung notwendig. Bei einigen Teilgruppen ist zudem ein Messokular sehr hilfreich, da es die genaue Relation verschiedener Längenparameter ermöglicht. Determinierte Exemplare werden mit einem Bestimmungsetikett (vollständiger wissenschaftl. Artname, Geschlecht, Bestimmer) versehen. Bei schwierigen Arten bzw. Artengruppen ist die Überprüfung durch einen Experten notwendig, besonders wenn sicher bestimmte Vergleichstiere noch fehlen. Die deteminierten Exemplare sollten direkt in eine Datenbank (Access oder andere) überführt werden. Datenbanken ermöglich eine bequeme Auswertung und Aufbereitung der erhobenen Daten.

Aufbewahrung

Gesammelte Exemplare müssen zusammen mit dem Fundort- und dem Bestimmungsetikett dauerhaft aufbewahrt werden, damit die Nachweise überprüfbar bleiben. Zur dauerhaften Aufbewahrung bieten sich handelsübliche Insektenkästen an, in denen man die Tiere sortiert nach Familien und Arten (systematisch oder alphabetisch) ablegen kann. Damit die Färbung der Tiere möglichst lange und gut erhalten bleibt, müssen die Kästen dunkel aufbewahrt werden. Um den Befall durch Schädlinge (Museumskäfer, Staubläuse), die es in jeder Wohnung gibt, zu verhindern, sollten die Kästen durch die Beigabe eines geeigneten Insektenmittels (z.B. Blattanex-Fliegenstrips) geschützt werden.